Donnerstags-Blog

2024-11-21 Salon Logos: Leben in unsicheren Zeiten (Teil 3) - Seriöse Wahrsagerei: Handlungsanweisungen durch mathematisierte Vergangenheit.

 

2024-11-14 Was bleibt von der Notwendigkeit? - 20 Uhr

Nachdem sich große Teile der Menschheit mit ungeheuerlichem Energieeinsatz und technischer List von den diktierten Notwendigkeiten der Natur befreit haben, könnte unter dem Titel "Klimakrise" ein Endkampf mit den irdischen Kräften bevorstehen. Jedoch; selbst hundertarmige Hekatoncheiren oder Roboter werden die Natur, welche diese Kräfte und auch uns Menschen hervorbringt, nicht besiegen und wegsperren können.
Energiegeladen war der Werksinn der Menschen auch auf der gesellschaftlichen Ebene unterwegs, um die robusten Klassen und harten Kanten der Notwendigkeit zu brechen - und die Queerness ist noch Mode. Kulturelle, gesellschaftliche und geschlechtliche Barrieren wurden porös, Konventionen stürzten unter tosendem Gelächter zusammen und die Befreiung erschien ein anstrengungsloser Spaziergang zu sein. Aber gibt es die Verwandlung nun im Abverkauf?

Zitate:

Höchstleitungen benötigt Leidenschaft. Dort wo man sich aufs Spiel setzt, stimmt man der Selbstverwandlung zu. Wird aber soziale und emotionale Resonanzfähigkeit als Kapital gehandelt, ist die Verdinglichung nicht weit und führt zur Ich-AG, der radikasten Form der Selbstinstrumentalisierung, bei der die eigene Resonanzfähigkeit als Kern des eigenen Wesens zu einem Mittel im Existenzkampf gemacht und so in den Dienst einer stummen Weltbeziehung gestellt wird.
Hartmut Rosa (2016). Resonanz. Eine Soziologie der Weltbeziehung. (passim zit.)

Dieser Drang nach überraschungsloser Identität repräsentieren bei E.T.A. Hoffmann zum Beispiel ... Typen wie der Registrator [höherer Beamter einer Hofkanzlei] Heerbrand, der sogar noch im Traum verlorene Aktenstücke sucht und findet. Sie kennen keine Verwandlungslust, sie machen höchstens Karriere, eine bürgerliche Schwundstufe von Verwandlung. Sie meiden es auch, nähere Bekanntschaft mit sich selbst zu machen, es würde sie langweilen.
Rüdiger Safranski (2007). Romantik. Eine deutsche Affäre.

 

2024-11-07 Wie eine Idee zur Welt kommt - 20 Uhr

Eine Idee ist zweifellos etwas geistiges und damit für die Augen unsichtbar. Unser Handeln macht das, was wir geistig nicht sehen können, sichtbar. Worte, Taten und Werke sind Ausdruck der aufgefassten Idee. Das Stammeln, das Stolpern, das Schiefe, führen uns vor Augen, dass wir die Idee noch nicht richtig begriffen haben. Im günstigen Fall ermöglicht der Schmerz über eigene Fehler die Reflexion. Er ist der Orthoptist, der die Heilung des geistigen Auges in Gang setzt, sodass man nicht länger als nötig im Dunklen tappt. Betäubung birgt die Gefahr der Lernschwäche. Schmerzvermeidung ist unmöglich und doch gibt es die Vorbeugung: das Staunen über Gedanken, Worte, Taten und Werke führt stets zu Fragen, die der geistigen Begriffsstutzigkeit auf die Sprünge hilft.

Zitate:

Das Handeln geschieht also um des Schauens und der Anschauung willen; darum ist auch für die Handelnden das Schauen das Ziel ... so ist also die Handlung wieder in Schauen umgeschlagen, denn was in der Seele der Begriff ist, ergreift. ... Und das Schauen, das sich in einem solchen Vertrauen auf den Besitz befindet, ruht nach innen gewandt. Und je lebendiger die Überzeugung, umso ruhiger ist auch das Schauen.
Plotin (2015/270). Enneaden.

Die Ideen [werden] entweder als das bestimmt ... was 'am hellsten hervorleuchtet', das 'Scheinendste'; oder aber als Vorbilder, Modelle und Maßstäbe, nach dem sich praktisch-politisches Verhalten zu richten hat, wie das handwerkliche Herstellen sich an dem Vorbild des herzustellenden Gegenstandes und an den jeweils geltenden Regeln und Maßstäben für seine Fertigstellung orientiert. 
Hannah Arendt (2019/1958). Vita activa. Oder vom tätigen Leben.

 

2024-10-24 Infektionsgefahr durch Gedanken - 20 Uhr

Es scheint als halten große Teile der Bevölkerung an den Coronaschutzmaßnahmen fest. Sie haben die Abstandsregel zur Lebensmaxime erhoben. Vielleicht weil sie sich vor einer Ansteckung durch Gedanken fürchten, die quer zur liebevoll gepflegten eigenen Meinung liegen. Ihr schwaches geistiges Immunsystem vermeidet die gedankliche Viruslast diskursiver Gespräche, bei denen die eigene Meinung ordentlich gebeutelt und ausgeleuchtet werden könnte. Mit einer kränklichen Meinung achtet man sinnvollerweise auf eine gedankliche Schonkost. Pausbäckig wird der eigene Standpunkt jedoch nur durch Stimulierung. Die Donnerstagsgesellschaft ist ein Infektionsherd, der zum Weiterdenken anstachelt.

Zitate:

Der Glauben, die Urteile und Meinungen der Menschen haben eben so gut als alle übrigen Dinge (...) ihre Revolution, ihre Zeitveränderung, ihre Geburt und ihren Tod (...) wie die Kohlköpfe.
Michel de Montaigne (1580). Die Essais.

Der Eitle freut sich über jede gute Meinung, die er über sich hört (ganz abseits von allen Gesichtspunkten ihrer Nützlichkeit, und ebenso abgesehn von wahr und falsch), ebenso wie er an jeder schlechten Meinung leidet: denn er unterwirft sich beiden, er fühlt sich ihnen unterworfen, aus jenem ältesten Instinkte der Unterwerfung, der an ihm ausbricht.
Friedrich Nietzsche (1886). Jenseits von Gut und Böse.

 

2024-10-17 Salon Logos: Leben in unsicheren Zeiten (Teil 2)

 

2024-10-10 Wer hört, liebt und denkt das Gemeinsame? - 20 Uhr

Zurück aus Leipzig, von einer Tagung unter dem Titel “Selbstsorge als Praxis der Freiheit” der IGPP (Internationale Gesellschaft für Philosophische Praxis), erreichte mich die Nachricht von GeLa-Ochsenherz, wonach beim “Gemeinsam Landwirtschaften” (daher GeLa) das Gemeinsame schmerzlich vermisst wird und so den wenigen Ochsen, die das Projekt ziehen, das Herz schwer geworden ist. Oh ja, der Philosophische Praktiker kennt diese Empfindung, weswegen er die Klage des Heraklit ins Logo der Donnerstagsgesellschaft gestickt hat. Gemeinsam mit Susanna Kohlweiß-Czerny, Mitarbeiterin und (noch) Vereinskassierin von GeLa-Ochsenherz, denken wir über Bedingungen nach, die das Gemeinsame hörbar, sichtbar und denkbar machen und treffen unterwegs womöglich auch auf den Begriff “Selbstsorge”.

Zitate:

Hinter dem lateinischen „colere" verbirgt sich unser Wort „Kultur" und „colere" bezeichnet ursprünglich das Behauen der Erde. Die Erkenntnis, die wir durch gebücktes, achtsames beackern der Böden im Weingarten des Herrn gewinnen, ist zugleich Selbsterkenntnis; nämlich in Form des Wiedererinnerns daran, dass „existieren“, sich auf den Boden stellen bedeutet. Nehmen wir zur Kenntnis, dass die Begriffe Humus und Demut verschwistert sind. Sind wir kultiviert genug, so erkennen und anerkennen wir, dass die Erde, die uns und die Tiere ernährt, zu uns gehört wie unser Herzschlag.
Reinhard Krenn (2022). Die Welt als Nahrung und Tischgemeinschaft. Vortrag bei den Nächten der Philosophie.

Drum ist’s Pflicht, dem Gemeinsamen zu folgen. Aber obschon der Logos allen gemein ist, leben die meisten doch so, als ob sie eine eigene Einsicht hätten.
Heraklit DK 22 B 2

 

2024-10-03 Endemische Solastalgie - 20 Uhr

Die Heimat ist ein vertrauter Ort. Man kennt das Zuhause, und gerade weil sich dort die Situationen wiederholen, ist es eine Quelle für Stabilität, Identität und Trost. Der australische Philosoph Glenn Albrecht führte 2005 den Begriff der Solastalgie ein und meint den Schmerz der Erkenntnis, dass der Ort, an dem man wohnt und den man liebt, verloren geht. Es ist sehr wahrscheinlich, dass aufgrund der sozialgesellschaftlichen Veränderungen in den letzten Jahrzehnten, etliche unter den 29% FPÖ Wähler:innen genau so ein belastendes Gefühl erlebt haben. Es wird Zeit diesen Schmerz endlich anzuerkennen und bessere Trostquellen zu erschließen, als es rechtsradikale je sein können.

Zitate:

Im Gegensatz zur Nostalgie ist Solastalgie reversibel. Durch Reparaturen und eine befriedigende Sanierung kann ein Ort Menschen wieder Behaglichkeit und Trost spenden.
Glenn Albrecht (2019). Earth Emotions. New Words for a New World. (eigene Übersetzung)

[Der Mensch], dieses ewigkeitssüchtige Wesen, ... der 'erste Freigelassene der Schöpfung’, der nach Dauer dürstete und sich nach einer Heimat sehnte, aus der er käme und in der er nach vollbrachtem Weltlauf zur ewigen Ruhe fände, der im Wirbel der Veränderungen nach Geländern griff und Haltepunkte suchte, lernt nunmehr die Lektion, dass selbst das Selbstverständliche sich abnutzt und durch neue Selbstverständlichkeiten abgelöst wird; dass auch das Gültige vergilbt und im Archiv verschwindet, ... dass in einer Ecke Lärm geschlagen wird, der sogleich aus einer anderen übertönt wird, kurz: dass alles schwankt und wirbelt ... Nichts gibt es, dass sich nicht ergibt, was sich nicht begibt. Es kommt, es geht, und 'ewig' ist allein das Kommen und Gehen.
Gerd Achenbach (2003). Vom Richtigen im Falschen. Wege philosophischer Lebenskönnerschaft.

 

2024-09-26 Overthinking - Grübeln bis nach Mitternacht - 20 Uhr

In der Zeitschrift Konsument 09/2024 wird der Begriff “Overthinking” erwähnt. Hier tritt der Denkfluss über die Ufer. Durch Dammbrüche im Denken gelangt zu viel Dynamik in das Kernland des Bewusstseins. Ein Forscherteam aus Kanada behauptet, dass 6000 Springfluten pro Tag gegen unsere Gedankendämme prallen und durch die ungemütlichen Nachrichten aus aller Welt werden es eher mehr, sodass einige begonnen haben sich aus dem Nachrichtenstrom auszuklinken, um die Dynamik abzubremsen. Freilich gebe es auch die Möglichkeit die Innenwelt zu renaturieren und den Damm durch sorgfältiges Denken zu verstärken. Um existenzielles Leid zu reduzieren braucht man bessere Ideen und Konzepte über sich selbst und die Welt.

Zitate:

Die kräftigste Verhinderung des Nachdenkens liegt darin: wenn man an gar nichts mehr Anstoß nimmt, über nichts sich weiter wundert, noch auch einen Aufschluss begehrt.
Johann Gottlieb Fichte (1806). Grundzüge des gegenwärtigen Zeitalters.

Denn nicht eine endlose Reihe von Trinkgelagen und Festschmäusen, nicht das Genießen schöner Knaben und Frauen, ... schafft ein freudvolles Leben, vielmehr allein das klare Denken, das allem Verlangen auf den Grund geht und den Wahn vertreibt, der wie ein Wirbelsturm die Seele erschüttert.
Epikur

 

2024-09-19 Salon Logos: Leben in unsicheren Zeiten (Teil 1)

 

2024-09-12 Die Ineffizienz des Gewaltsamen - 20 Uhr

Georg Wilhelm Friedrich Hegel hat das Gangbild des Bewusstseins untersucht und es geht so: zunächst verschmolzen mit der Umgebung, dann will es abheben und versucht den Standort der Differenz zu erobern. Schließlich, wenn allmählich der Hochsitz zum zwanglosen Bequemsitz geworden ist, wird das Überwundene umarmt und integriert. Der Mensch hebt sich von der Natur ab. Diese Differenz nennt man Kultur. Die Missachtung der Gesetzmäßigkeiten und Wohlfühlbedingungen der Natur, nennt man Unkultur – Differenzierung gelungen, Integration gescheitert.

Der Gemüsegärtner Armin Aschenbrenner, Gründer von Solawi Waldgarten, kommt zur Donnerstagsgesellschaft, um mit uns über diesen Hegelschen Dreischritt des Bewusstseins am Beispiel der Gartenbaukultur zu diskutieren, denn der Gärtner hat nur dauerhaft Erfolg, wenn sein Verhältnis zu den Pflanzen ein wechselseitiges ist; wenn er die Gesetzmäßigkeiten der Natur beachtet und nicht durch derben Pestizid- und Maschineneinsatz die Landschaft verwüstet.

Zitate:

Selbstverständlich lässt sich zwischen Obstgarten und Sojaplantage keine Kontinuität feststellen, sondern ein offener Bruch. Hier Vielfalt und die Pflege der Qualität, dort Monokultur und die Herrschaft der Quantität. Hier ein liebevoll gestaltetes, insektenfreundliches Biotop, dort eine mit Gewalt aufgebaute und von Pestiziden vergiftete Öde ... hier kann von der [hegelschen] Aufhebung der Selbstständigkeit der Natur keine Rede mehr sein, sondern von reiner Zerstörung.
Guillaume Paoli (2024). Geist und Müll. Von Denkweisen in postnormalen Zeiten. Berlin.

Der Mensch transzendiert seinen Standpunkt in jeder beliebigen Situation und integriert ihn in eine umfassende Kartographie vom Zusammenhang der Dinge. 
Markus Gabriel (2020). Neo-Existentialismus. München.

 

2024-09-05 Wie man durch verworrene Ideen vergiftet wird - 20 Uhr

Die meisten fürchten sich vor Infektionen durch Viren, Bakterien oder vor Intoxikation durch Chemikalien, Schlangenbisse, Wespenstiche etc. Aber die Gefahr einer Vergiftung der Lebendigkeit durch verworrene Ideen unterschätzt man oder kennt das Phänomen gar nicht. Dabei hat bereits Baruch de Spinoza im 17. Jahrhundert darauf aufmerksam gemacht, dass Antriebslosigkeit, Tristesse oder Trübsinn ihre Ursachen auch in falschen, verdrehten oder verworrenen Ideen über die Welt haben können. Dieser Gedanke bildet beispielsweise die Grundlage der Rational-Emotive Verhaltenstherapie von Albert Ellis. Wie die allermeisten psychotherapeutischen Therapieformate stützt sie sich auf philosophische Traditionen - hier Stoa, Epikureismus, Skeptizismus, Existenzphilosophie, Konstruktivismus und Sprachphilosophie.

Zitate:

Zu spät hinter die Sachen kommen, dient nicht zur Abhilfe, wohl aber zur Betrübnis. Einige fangen erst an zu sehen, wann nichts mehr zu sehen da ist, indem sie Haus und Hof zu Grunde richteten, ehe sie selbst zu Menschen wurden.
Baltasar Gracián (2020/1647). Das Handorakel oder die Kunst der Weltklugkheit. München.

Es ist dies das Problem des reifen Menschen: die Vergangenheit bereitet in ihm schon jenen Gärungsstoff zu, der sich in Ressentiment und Bitterkeit angesichts der Zukunft äußert.
José Ortega y Gasset (1958). Was ist Philosophie? Stuttgart.

 

2024-06-27 Sommerfest der Philosophischen Praxis ab 19:30 Uhr.

Die Philosophische Praxis begleitet den einzelnen Menschen mit seinen existenziellen Fragestellungen. Eine lebendige Philosophie versucht sich an der graduellen Befreiung des Lebens von Zwängen und ihrer Stresssymptomatik, die häufig auf Ungereimtheiten im Denken über mich und der Welt basieren.

Die Philosophische Praxis organisiert aber auch Veranstaltungen, bei denen versucht wird der Lebenswelt; dem Sinn, den Dingen und Handlungen des Lebens einen neuen Zuschnitt zu verpassen. Beim Sommerfest wollen wir aber gemütlich am Lagerfeuer bei kühlen Getränken und heißem Grillgut zusammensitzen und in einen lockeren Plauderton kommen – und vielleicht ergibt sich auch die Gelegenheit zum Jahresrückblick; auf die Themen der philosophischen Spaziergänge, des Salon Logos, der Buchseilschaft oder der Donnerstagsgesellschaft.

 

2024-06-20 Philosophischer Salon Logos um 19:30 Uhr: Die philosophische Wahlkabine  – Wählerertüchtigung im Superwahljahr (Teil 3)

 

2024-06-13 Das kleine und das große Ich-bin-Ich - 20 Uhr

Das kleine Ich-bin-Ich gibt sich einen Ruck und definiert sich einfach aus der Differenz. Es entsteht aus dem zu Wenig und erfindet sich dazu die phantastisch-ebenmäßige Anerkennung. Das große Ich-bin-Ich geht die mühsamen Umwege und will die Welt begreifen, denn die Welt ist keine fraglose Selbstverständlichkeit und die Eichel ist noch keine Eiche, nur weil sie das Potential dazu hat. Der Mensch versteht sich nur selbst, sofern er die Welt kennen lernt - und die ist nicht eben.

Zitate:

So hoffte Phaidros, dass Lila diese dritte Möglichkeit [neben einsperren lassen und Anpassung] ergreifen würde und durch ein Wunder des Begreifens allen Strukturen, ihren eigenen und denen der Kultur, ausweichen könnte, um die dynamische Qualität, der sie zustrebte, zu erkennen und dann zurückzukommen und mit ihren Problemen fertig zu werden, ohne an der Aufgabe zu zerbrechen. [...] Wenn sie ihr auswich, würde sie nur zurückkehren in den alten Karma-Kreislauf des Schmerzes und der vorübergehenden Erlösung vom Schmerz.
Robert M. Pirsig (1992). Lila. Frankfurt/Main.

Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen,
die sich über die Dinge ziehn.
Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen,
aber versuchen will ich ihn.
Ich kreise um Gott, um den uralten Turm,
und ich kreise jahrtausendelang;
und ich weiß noch nicht: bin ich ein Falke, ein Sturm
oder ein großer Gesang.
Rainer Maria Rilke (1899). Ich lebe mein Leben. 

 

2024-06-06 Wohnen statt Kanonen (Wahlspruch der KPÖ) - 20 Uhr

Wo man singt, da lass dich ruhig nieder, böse Menschen haben keine Lieder. Gewohnt wird dort, wo man zufrieden ausharren und gemeinsam singen kann. Wohnen und Wonne sind verwandte Wörter; sie sitzen quasi auf einem Ast und den Stamm bildet das Wort "gewinnen". Gewinnen kann man nur durch Arbeit, Mühe oder einem Kampf, bei dem man vielleicht durch das große Rohr einer Kanone blickt und auf ein günstiges Geschick oder Unterstützung von Nachbarn oder Freuden hofft. Es ist also nicht nur das kommunistische "statt" im Sinne von "oder", sondern auch ein "und" oder gar ein "mit" möglich und dann hieße es plötzlich "Wohnen und Kanonen". Wie, wann und warum so etwas möglich oder unmöglich ist, darüber macht sich die Donnerstagsgesellschaft singende Gedanken.

Zitate:

Jeder Dumme ist fest überzeugt; und jeder fest Überzeugte ist dumm: je irriger sein Urteil, desto größer sein Starrsinn. Sogar wo man augenfällig Recht hat, steht es schön an, nachzugeben ... Man verliert mehr durch ein halsstarriges Behaupten, als man durch den Sieg gewinnen kann; denn das heißt nicht ein Verfechter der Wahrheit, sondern der Grobheit sein. ... Die Festigkeit gehört in den Willen; nicht in den Verstand. Doch gibt es Fälle, die hiervon eine Ausnahme gestatten, wo man nämlich verloren wäre, wenn man sich doppelt, erst im Urteil und in Folge davon in der Ausführung besiegen ließe.
Baltasar Gracián (2020/1647). Das Handorakel oder die Kunst der Weltklugkheit. München. §183

Und sollte mir ein Gott die Gunst gewähren, nach diesem Leben wieder ein Kind zu werden und in der Wiege zu wimmern, so würde ich mich energisch weigern; wollte ich doch nicht, wenn ich den Lauf vollendet habe, gleichsam vom Ziel wieder zum Start zurück gerufen werden. Was bietet das Leben denn Vorteilhaftes? Was nicht eher Mühevolles? Aber mag es das bieten, es bietet doch jedenfalls entweder ein Gefühl der Sättigung oder des rechten Maßes. Ich habe nämlich keine Neigung, das Leben zu beklagen, wie es viele Gelehrte häufig taten, und ich bereue es nicht, gelebt zu haben; denn ich habe so gelebt, dass ich meine, nicht vergeblich geboren worden zu sein, und ich scheide aus dem Leben wie aus einer Herberge, nicht wie aus einer Behausung. Die Natur hat uns ja eine Unterkunft zum vorübergehenden Verweilen, nicht zum Wohnen gegeben.
Cicero (2019). Über das Alter. Stuttgart.

 

2024-05-30 Nachdem wir uns in der Donnerstagsgesellschaft Gedanken über die Wahlkampfsprüche der politischen Parteien gemacht haben, wurden Parteipolitiker:innen eingeladen beim Nachdenken mitzumachen. Es freut mich dass zwei Vertreterinnen der Grünen mit uns den Wahlspruch der Grünen "Weil uns Europa am Herzen liegt" nochmals bedenken - siehe Eintrag 2024-05-02.

 

2024-05-23 Vortrag im Rahmen der Nächte der Philosophie: Unverfügbares Glück? -20:30 im Das Dorf, Obere Viaduktgasse 2, 1030 Wien.
Der Vortrag kann hier im Podcast nachgehört werden.

 

2024-05-16 Philosophischer Salon Logos um 19:30 Uhr: Die philosophische Wahlkabine – Wählerertüchtigung im Superwahljahr (Teil 2)

 

2024-05-02 Ein Europa, das man respektiert (Wahlspruch der Neos) - 20 Uhr

Respekt oder Hochachtung die käuflich erworben wird, nennt man besser Image, damit es nicht mit Respekt verwechselt wird, bei dem nicht der stolze Kaufpreis, sondern die Hochachtung über Verhaltensweisen in der Vergangenheit zählt. Der unerschrockene Blick zurück auf das Verhalten in der Vergangenheit wird immer eine Gefühlsmischung aus Stolz und Beschämung ergeben. Der Wahlkampfblick ist jedoch immer in die Zukunft gerichtet und besteht zumeist in einer Hoffnung, die nicht sättigt. Vor allem dann nicht, wenn die Nationalstaaten nicht die Besten, sondern den 720 Hoffnungsträgern etliche korrupte, gut steuerbare und ehrgeizige beimischen.

Zitate:

[Verkehrte moderne Welt:] Nachdenklichkeit, die Rechenschaft zu geben wüsste über das, was zählt, sollte ein Kleines sein, groß hingegen die Mobilität des gefügigen Geistes, der sich die Parolen des Tages aufschwätzen ließ, um mitzureden? Und wer lernte, alleine zu gehen, wäre zu bedauern - wer mitläuft aber zu bewundern? Wer seine antrainierten Kenntnisse von einem Arbeitseinkäufer konsumieren lässt, der hätte unseren Respekt verdient? Wer aber lernte, seinem Leben selbst den Auftrag zu erteilen, nicht?
Gerd Achenbach (2003). Vom Richtigen im Falschen. Wege philosophischer Lebenskönnerschaft. Freiburg.

Musse und Müssiggang. — Es ist eine indianerhafte, dem Indianer-Bluthe eigenthümliche Wildheit in der Art, wie die Amerikaner nach Gold trachten: und ihre athemlose Hast der Arbeit — das eigentliche Laster der neuen Welt — beginnt bereits durch Ansteckung das alte Europa wild zu machen und eine ganz wunderliche Geistlosigkeit darüber zu breiten. Man schämt sich jetzt schon der Ruhe; das lange Nachsinnen macht beinahe Gewissensbisse. Man denkt mit der Uhr in der Hand, wie man zu Mittag isst, das Auge auf das Börsenblatt gerichtet, — man lebt, wie Einer, der fortwährend Etwas „versäumen könnte“. „Lieber irgend Etwas thun, als Nichts“ — auch dieser Grundsatz ist eine Schnur, um aller Bildung und allem höheren Geschmack den Garaus zu machen. Und so wie sichtlich alle Formen an dieser Hast der Arbeitenden zu Grunde gehen: so geht auch das Gefühl für die Form selber, das Ohr und Auge für die Melodie der Bewegungen zu Grunde. Der Beweis dafür liegt in der jetzt überall geforderten plumpen Deutlichkeit, in allen den Lagen, wo der Mensch einmal redlich mit Menschen sein will, im Verkehre mit Freunden, Frauen, Verwandten, Kindern, Lehrern, Schülern, Führern und Fürsten, — man hat keine Zeit und keine Kraft mehr für die Ceremonien, für die Verbindlichkeit mit Umwegen, für allen Esprit der Unterhaltung und überhaupt für alles Otium.
Friedrich Nietzsche (1887). Die fröhliche Wissenschaft. 4. Teil

 

2024-05-02 Weil uns Europa am Herzen liegt (Wahlspruch der Grünen) - 20 Uhr

Also gut, den Grünen liegt etwas am Herzen. Aber wem nicht? Wer keine Leidenschaft kennt, der kennt sich nicht gut genug. Politik ist im Wesentlichen die schwierige Kunst, bei der man versucht die Leidenschaften soweit zu zügeln, dass sie zur gemeinsamen Ideensuche eingespannt werden können. Und Demokratie ist die Verpflichtung aller Staats- und EU-Bürger:innen sich an der Suche zu beteiligen. Wir könnten uns am Donnerstag, 2. Mai um 20 Uhr dieser Aufgabe im Hinblick auf Europa mit der Frage annähern: Was ist die Idee der EU?

Zitate:

… der menschliche Geist ist zu stumpf um Alles sogleich durchdringen zu können; durch Beratung, Anhörung und Gedankenaustausch wird er dagegen geschärft, und in dem er alle Mittel versucht, findet er endlich das, was er will, was dann von allen Gutgeheißen wird und woran vorher niemand gedacht hatte.
Baruch de Spinoza (1677). Abhandlung über Politik. Kap. 9 §14

Bildung des Verstandes ohne Bildung des Herzens und des Geschmackes gibt bloß Aufklärung.
Johann Ludwig Ewald (1800). Ist es jetzt ratsam, die niederen Volksklassen aufzuklären?

 

2024-04-25 Wohlstand sichern, Green Deal stoppen! (FPÖ Wahlspruch) - 20 Uhr

Die FPÖ hat keine Lust auf den Wandel; weder auf den Klimawandel, noch auf den Lebenswandel und montiert große Stoppschilder. Man könnte meinen es wäre ein Schild, das die Geisterfahrer nicht nur stoppt, sondern zugleich mahnt umzukehren. Dorthin, wo sie hergekommen sind, wo alles besser war; billiger, homogener und in Eintracht. Ist die Freiheit, die mit einer Fackel in der einen, und einem Buch in der anderen Hand auf einer klitzekleinen Insel vor dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten herumsteht, eine Retro-Romantikerin? Oder ist die Freiheit doch nicht jene, die barbusig mit einer Fahne in die Hand, das Volk in eine neue Zukunft führt, sondern eine, die uns dazu auffordert in den Uterus zurückzukriechen? Will die FPÖ die Drehrichtung der Erde umkehren, sodass die Sonne jetzt bald im Osten untergeht?

Zitate:

Ein Mann von Gehalt sein
... Nicht Alle, die ganze Leute zu sein scheinen, sind es; vielmehr sind manche trügerisch: von Schimären geschwängert gebären sie Betrügereien, wobei sie von Andern, ihnen ähnlichen unterstützt werden, welche am Ungewissen, welches ein Betrug verheißt, weil es recht viel ist, mehr Gefallen finden, als am Sichern, welches eine Wahrheit verspricht, weil es nur wenig ist. Am Ende nehmen ihre Hirngespinste ein schlechtes Ende, weil sie ohne feste und tüchtige Grundlage waren. Ein Betrug macht viele andre notwendig, daher denn das ganze Gebäude schimärisch ist, und, weil in der Luft erbaut, notwendig zur Erde herabfallen muss.
Baltasar Gracián (2020/1647). Das Handorakel oder die Kunst der Weltklugkheit. München. §175

Wir haben unser Zuhause und damit die Vertrautheit des Alltags verloren. Wir haben unseren Beruf verloren und damit das Vertraute eingebüßt, in dieser Welt irgendwie von Nutzen zu sein. Wir haben unsere Sprache verloren und mit ihr die Natürlichkeit unserer Reaktionen, die Einfachheit unserer Gebärden und den ungezwungenen Ausdruck unserer Gefühle. Wir haben unsere Verwandten in den polnischen Ghettos zurückgelassen, unsere besten Freunde sind in den Konzentrationslagern umgebracht worden, und das bedeutet den Zusammenbruch unserer privaten Welt. (…) Wir sind mit der Überzeugung groß geworden, dass das Leben das höchste Gut und der Tod das größte Schrecknis sei, und wurden doch Zeugen und Opfer von Schrecklichkeiten, die schlimmer sind als der Tod – ohne dass wir ein höheres Ideal als das Leben hätten entdecken können.
Hannah Arendt (2016/1943). Wir Flüchtlinge. Stuttgart.

 

2024-04-18 Philosophischer Salon Logos um 19:30 Uhr: Die philosophische Wahlkabine – Wählerertüchtigung im Superwahljahr (Teil 1)

 

2024-04-11 Österreich gerecht machen (SPÖ Wahlspruch) - 20 Uhr

Die ehemalige Partei der kleinen Leute hat wieder Lust bekommen Menschleins an der Hand ein Stück des Weges zu mehr Gerechtigkeit mitzunehmen. Kann es aber sein, dass die ehemaligen "Verdammten dieser Erde" - durch Vernachlässigung inzwischen in alle ökonomische Himmelsrichtungen geflohen - ihre eigenen Schäfchen unbedingt ins Trockene bringen wollen und ihr Eigenwille überhaupt keine Lust mehr auf ein gemeinsames "letztes Gefecht" hat? Natürlich gibt es neue, zumeist zugezogene "Verdammte dieser Erde", aber die sind oft nicht wahlberechtigt oder verstehen den Text der "Internationalen" vielleicht gar nicht - wie auch immer: Auf einer demokratisch organisierten Erde wird einem das als gerechter erscheinende Recht und Gesetz nicht von einer Partei während man schläft unter das dünne Kopfpolster gelegt, sondern viele Einzelne müssen die große Sache der Gerechtigkeit gemeinsam mit Argumenten gegen die Wenigen mit den vollgestopften Kopfpolstern erstreiten.

Zitate:

Überall, wo ungerechte Verhältnisse, verhasste Kulturen und verkrustete Ungerechtigkeit herrschen, driften Menschen auseinander, statt aufeinander zuzugehen.
Stefan Selke (2022). Wunschland. Von irdischen Utopien zu Weltraumkoloniene - eine Reise in die Zukunft unserer Gesellschaft.

Die bürokratische Versachlichung wird der großen Sache der Bürokratie nicht gerecht ... [es ist der Versuch] dem Volk weiszumachen, es sei von der Steuerung komplexer Prozesse überfordert ... Wenn die Menschen diese Botschaft glauben, kommen sie zu dem Schluss, dass die eigene Handlungsmacht gegen null geht, und entwickeln eine merkwürdige Mischung aus Opfer- und Anspruchshaltung. ... Entsprechend haben konservative Sozialtheoretiker den 'Vorsorgestaat' als Höhepunkt totaler Entpolitisierung gefeiert.
Dieter Thomä (2019) Warum Demokratien Helden brauchen: Plädoyer für einen zeitgemäßen Heroismus.

 

2024-04-04 Eigentum schafft Zukunft (ÖVP Wahlspruch) - 20 Uhr

Die Donnerstagsgesellschaft steigt im Superwahljahr bis zur Nationalratswahl in den Ring. Gemeinsam versuchen wir den Parolen und Schlagwörtern der politischen Parteien Bedeutung abzuringen. Den Anfang macht der Eigentumsbegriff der ÖVP. Der weise römische Politiker Seneca klagte noch darüber, wie wenigen es gelänge sich zu besitzen, obwohl es doch ein unschätzbares Gut sei, sein eigenes Eigentum zu werden. Die ÖVP hat wohl ein anderes Eigentum im Sinn - mit dem sie die "Mitte stärken" will. Es muss aber doch auch irgendwie menschlich sein (bei einer christlich-sozialen Partei vielleicht sogar göttlich), weil es die Zukunft erschaffen kann.

Zitate:

In den Briefen an Lucilius klagte Seneca ... "wie wenigen" es gelinge, "sich zu besitzen", obwohl es doch "ein unschätzbares Gut" sei, "sein eigenes Eigentum zu werden." ... er wusste auch, dass dieses "unschätzbare Gut" von uns verlangt, stets sorgfältig zu prüfen, "wie beschaffen das Leben ist, nicht wie lange es ist."
Thomas Macho (2018). Das Leben nehmen. Suizid in der Moderne.

Wenn die Natur nun plötzlich erhöhe die Stimme und zornig ... spräche:
"Weg mit den Tränen du Narr, und lass dein Klagen und Jammern!
Alles was schön ist im Leben, das hattest du: nun bist du fertig;
Doch weil du immer verschmähst, was du hast, und begehrst, was du
Nicht hast, so entschwand dir dein Leben in unerfreulicher Halbheit" ...
Klagte nun so die Natur, sie hätte ein Recht, so zu schelten. ...
Keinem gehört ja das Leben zum Eigentum, allen zur Nutzung.
Lukrez (2017). Über die Natur der Dinge. "Die Stimme der Natur."

 

2024-03-21 Philosophischer Salon Logos um 19:30 Uhr: Bildung? - es gibt Dringlicheres (Teil 3)

 

2024-03-14 Macht und mögen - 20 Uhr

Der Begriff „Macht“ leitet sich nicht primär von „machen“, sondern von „mögen“ her. Die Macht, eine neue Realität zu erschaffen, braucht ein Miteinander, das auch im Streit nicht zerbricht. Das wechselseitige Vertrauen und Zutrauen webt eifrig neue Beziehungsmuster.
Man nehme zwei Prisen Zaubersalz; sich ein Stück weit vertrauen, sich ein bisschen mögen, und die Möglichkeiten des Handelns erscheinen.

Zitate:

Mit realisierter Macht haben wir es immer dann zu tun, wenn Worte und Taten untrennbar miteinander verflochten erscheinen, wo also Worte nicht leer und Taten nicht gewalttätig stumm sind, wo Worte nicht missbraucht werden, um Absichten zu verschleiern, sondern gesprochen sind, um Wirklichkeiten zu enthüllen, und wo Taten nicht missbraucht werden, um zu vergewaltigen und zu zerstören, sondern um neue Bezüge zu etablieren und zu festigen, und damit neue Realitäten zu schaffen.
Hannah Arendt (2019/1958). Vita activa. Oder vom tätigen Leben. München.

Zusammen etwas unternehmen, ist immer gut; aber zusammen sprechen, um zu klagen und anzuklagen, ist eine der schlimmsten Geißeln.
Émile-Auguste Chartier (Alain). (2020: 147). Die Pflicht glücklich zu sein. Frankfurt/Main.

 

2024-03-07 Lichtspiele des Bewusstseins- 20 Uhr

Das Bewusstsein erobert kleine und kleinste Bezirke der Dunkelheit, aber die Finsternis ist nicht faul. Einmal ist beinahe ein Keinmal. Nur der stete Tropfen formt den Stein: Formgebung basiert auf Wiederholung. Damit die Ahnung zur sichtbaren Gestalt reift, hat sie die Dauer nötig. Woher kommt die Lust an der Austreibung der Finsternis? Wie formt sich das Interesse? Wodurch fühlt man sich berufen?

Zitate:

Und trotzdem kein einziger Mensch die die Angst im Herzen
Los wird, welche die Seele auch wider Willen beständig
Quält und feindlich bedroht und zu wütender Klage veranlasst:
da erkannte er [Epikur] wohl, dass der Fehler nur am Gefäß liegt,
Und dass alles durch dessen Schuld verderbt wird im Innern,
Was man auch nur an Genuss von außen her sammelt und eingießt.
Denn teils sah er es gänzlich verleckt und durchlöchert, so dass man
Nimmer durch irgend ein Mittel es wirklich zu füllen vermöchte,
Teilweise aber im Innern von eklem Geschmacke durchzogen,
Dass es dadurch auch alles verstänkerte, was man hineingoss.
[...]
Jene Gemütsangst nun und die lastende Geistesverfinsterung
Kann nicht der Sonnenstrahl und des Tages leuchtende Heile
Scheuchen, sondern allein der Natur grundtiefe Betrachtung.
Lukretz (o.J) Über die Natur der Dinge.

Weil Wir aber Alle im Behandeln von Objekten Uns willkürlich zeigen, ... nach unserem Gefallen (dem Philosophen gefällt nichts so sehr, als wenn er in Allem eine "Idee" aufspüren kann, wie es dem Gottesfürchtigen gefällt, ... sich Gott zum Freunde zu machen): so begegnen Wir nirgends so peinlicher Willkür. so fürchterlicher Gewalttätigkeit, so dummen Zwange, als eben in diesem Gebiete unserer - eignen Willkür.
Max Stirner (2022/1845). Der Einzige und sein Eigentum. Eine Kritik der Junghegelianer. Wroclaw.

 

2024-02-29 Berauschung als Medium - 20 Uhr

Es ist die Berauschung, die uns am Leben hält und in die wir hineingleiten. Der Rausch darf nicht dastehen wie eine Wand. Er trifft dich nicht wie der rechte Aufwärtshaken des Schwergewichtsweltmeisters im Boxen, kurz nachdem du in den Ring gestiegen bist, sondern eine Berauschung muss sich entfalten können. Allmählich kommt man hinein in dieses wunderbare Gefühl, zwar nicht zu wissen was demnächst passieren wird, aber jederzeit sprungbereit zu sein.

Zitate:

In Wahrheit ist das Wachsen des Rettenden als ein Abnehmen zu verstehen - nämlich als Verringerung des Widerstands starrer Subjektivität gegen die Dringlichkeit des Weltprozesses. Was wächst, wenn die Gefahr begriffen wird, ist die Nachgiebigkeit der Subjekte für die Wahrnehmung ihrer ekstatischen und medialen Qualitäten. Wachstum des Rettenden setzt die Durchlässigkeit der Individuen für die noch ungesagten Imperative der Gefahr voraus. ... Das mediale Verhältnis zum Dringlichen ist eine Ekstase, in ihr sind die Individuen mehr als ihre Interessen und die Welt mehr als ihr trauriger Zustand.
Peter Sloterdijk (2016/1989). Eurotaoismus. Zur Kritik der politischen Kinetik. Frankfurt/Main.

Und das ist das Geheimniss aller Bildung: sie verleiht nicht künstliche Gliedmaassen, wächserne Nasen, bebrillte Augen — vielmehr ist das, was diese Gaben zu geben vermöchte, nur das Afterbild der Erziehung. Sondern Befreiung ist sie, Wegräumung alles Unkrauts, Schuttwerks, Gewürms, das die zarten Keime der Pflanzen antasten will, Ausströmung von Licht und Wärme, liebevolles Niederrauschen nächtlichen Regens, sie ist Nachahmung und Anbetung der Natur, wo diese mütterlich und barmherzig gesinnt ist, sie ist Vollendung der Natur, wenn sie ihren grausamen und unbarmherzigen Anfällen vorbeugt und sie zum Guten wendet, ...
Friedrich Nietzsche (1999/1874). Unzeitgemäße Betrachtungen, Kapitel Schopenhauer als Erzieher. München.

 

2024-02-15 Philosophischer Salon Logos um 19:30 Uhr: Bildung? - es gibt Dringlicheres (Teil 2)

 

2024-02-01 Philosophie verleiht Flügel - 20 Uhr

Manche meinen, Philosophie sei ihnen zu hoch, andere glauben, sie sei ihnen zu schwer. Wem die Welt nie zum Rätselgebirge wurde, der lebt vermutlich gemütlich im Tal der unreflektiert übernommenen Vorurteile, der vorherrschenden Meinung der Nachbarn, in windigen Zonen des je aktuellen gesellschaftlichen Trends. Belebung und Begeisterung sucht man bei Netflix, Facebook und in Fitnessstudios, wo der Verstand auf der Strecke bleibt, sodass ihm auch Energydrinks keine Flügel verleihen können. Im Seichten und Leichten erscheint alles vertraut; kein Gegenstand, keine Begegnung, keines der arrangierten Erlebnisse stellt etwas in Frage. Die unvertrauten Möglichkeiten werden sicherheitshalber verachtet. 
Aber ist das ein leichtes Leben? Ein instinktives Leben ohne Prüfung durch die Vernunft bleibt im Talkessel privater Interessen eingeschlossen. “Diese Lebensform mutet irgendwie fiebrig und eingezwängt an, und das philosophische Leben ist im Vergleich dazu ruhig und frei”, meinte Bertrand Russell und der Hausmeister in der Serie “Meister Eder und sein Pumuckl" sang 1982: “Auf den Bergen wohnt die Freiheit, in den Tälern wohnt der Neid.”

Zitate:

Die meisten von uns erleben wenige Augenblicke eigener Spontaneität, die wir gleichzeitig als Augenblicke echten Glücks empfinden ... und wir haben vielleicht eine Ahnung davon, was menschliches Leben sein könnte, wenn solche Erfahrungen nicht so selten wären und so wenig gepflegt.
Erich Fromm (1999/1941). Die Furcht vor der Freiheit. Stuttgart

Der freie Intellekt will die Dinge sehen, wie Gott sie sehen würde, frei vom hier und jetzt, von Hoffnungen und Ängsten, ohne den Plunder gewohnter Meinungen und traditionellen Vorurteile, ruhig, leidenschaftslos, nur von dem einen und alle anderen ausschließenden Wunsch nach Erkenntnis beseelt, nach einer Erkenntnis, die .. so rein kontemplativ ist, wie das für Menschen möglich ist.
Bertrand Russell (2022/1969). Probleme der Philosophie. Frankfurt/Main.

 

2024-01-25 Die Geologie des bodenlosen Unsinns - 20 Uhr

Wenn die Gewissheiten eines Menschen vom Zerfall bedroht sind, etwa infolge von Verlust, Unfall oder einem anderen kritischen Lebensereignis, das droht das gewohnte Leben auf den Kopf zu stellen, blickt der Mensch ins Nichts und schaudert. Der Schrecken reizt den Willen zum Leben, stachelt ihn auf, und er sucht verzweifelt nach etwas, an das er sich klammern kann. Er sucht nach Gewissheit, nach einem Fels, auf dem er sein Leben wieder aufbauen kann. Sind seine geologischen Fähigkeiten nicht sonderlich gut entwickelt, verwechselt er Treibsand mit Fels. Extreme politische Bewegungen und haarsträubende Standpunkte finden derzeit scheinbar mühelos neue Fans.

Zitate:

Wie Pascal einen Schauder empfand vor dem Schweigen der unendlichen Räume, so muss der historisierte Mensch sich niedergeschlagen fühlen vor dem ewigen Lärm der geschichtlichen Zeitalter. ... Darum ist Geschichtlichkeit das philosophische Kennwort für Depressivität. ...[weil] die geschichtliche Welt ein Friedhof der Enthusiasmen ist - auf ihm vermodern alle noch so schön begonnenen Projekte. ... Diese Entdeckung übersetzt sich bei den rebellischen Geistern in die wütende Flucht nach vorn. ... Beide Doktrinen [von Marx und Nietzsche] wollen die Verfallenheit des Lebens an die Vergangenheit mit den Mitteln des aktiven Nihilismus sprengen, beide setzen dabei auf Selbstintensivierung [in Form von euphorischer Arbeit bzw. Entfesselung eines löwenhaften Willens zu sich selbst. Entweder mit Aussicht auf eine kindhafte zweite Unschuld bzw. eines Tagesablaufs bei dem man morgens jagt, abends Viehzucht betreibt und spätabends Kritiker ist].
Peter Sloterdijk (2016/1989). Eurotaoismus. Zur Kritik der politischen Kinetik. Frankfurt/Main.

Wirkliches Wissen kommt nie auf etwas zurück, das klein ist; denn Wissen heißt begreifen, wie alles mit allem zusammenhängt und das nichts seinen Grund in sich selbst hat. Auf diese Weise entfernt uns das richtige Denken von uns selber; eine Sache, die ebenso gesund ist für den Geist wie für die Augen.
Émile-Auguste Chartier (vulgo Alain). (2020). Die Pflicht glücklich zu sein. Frankfurt/Main.

 

2024-01-18 Philosophischer Salon Logos um 19:30 Uhr: Bildung? - es gibt Dringlicheres (Teil 1)

 

2024-01-11 Digitale Götzen - 20 Uhr

Auf einem Kinderfußball-Hallenturnier am WC:
Ein Vater wird von seinem Zweijährigen gefragt, wer die Spülung betätigt. Dieser sagt, das passiere automatisch. Der Sohn bleibt hartnäckig, fragt nochmals und nochmals und beweist damit seinen kindlich-philosophischen Geist. Der Vater bleibt ein hartnäckiger Dogmatiker und beim unzulänglichen “automatisch”. 
Der Automat, die KI, die AI hat den lieben Gott als dogmatische Abkürzung für das schwer verständliche abgelöst. Und ähnlich wie damals sind viele bereit, dem digitalen Götzen Allmacht zuzuschreiben: der Automat arbeitet fehlerfrei, die AI löst Probleme besser als wir, die Kreativität der KI überbietet die Meinige mühelos. 
Das stimmt, sofern wir uns weigern, auf´s Ganze zu gehen. Wenn uns die Fragen des Lebens nicht mehr herausfordern, wenn wir in einen dogmatischen Schlummer verfallen, wenn wir nicht an die ewig strebende Möglichkeit einer Liebe zum Unwahrscheinlichen glauben, dann liegen wir bald im Halbschlaf im Schatten von digitalen Götzen.
Übrigens: Das WC hatte keine automatische Spülung. Der gestresste Vater übertrug die Verantwortung für den Weitertransport seines Geschäfts (oder das seines Sohns) einfach an den “Automaten” (oder den Nächsten).

Zitate:

Ich gestehe frei: die Erinnerung des David Hume war eben dasjenige, was mir vor vielen Jahren zuerst den dogmatischen Schlummer unterbrach, ... Wenn man von einem gegründeten, obzwar nicht ausgeführten Gedanken anfängt, den uns ein anderer hinterlassen, so kann man wohl hoffen, es bei fortgesetztem Nachdenken weiter zu bringen, als der scharfsinnige Mann kann, dem man den ersten Funken dieses Lichts zu verdanken hatte.
Immanuel Kant (1783). Prolegomena zu einer jeden künftigen Metaphysik.

Der Blick wird gesenkt und an die bunten, beweglichen Oberflächen der Bildschirme fixiert, während die rasch ins Ohr geschobenen Ohrhörer Resonanzerfahrungen - oder Resonanzahnungen - ermöglichen sollen, die nichts mit den leiblichen und sozialen Beziehungen der Realwelt zu tun haben. ... Wir verschließen uns, um gegen Repulsionen unempfänglich zu werden ... Dabei droht jedoch die Gefahr, dass wir durch solche Ästhetisierungen unsere eigene Echokammer erzeugen, die Resonanz systematisch verhindern, weil sie die Begegnung mit einem irritierenden, widersprechenden Anderen gerade ausschließen.
Hartmut Rosa (2018/16). Resonanz. Eine Soziologie der Weltbeziehung.

 

2023-12-21 Philosophische Filmstunde: Human (FRA, 2015) - 20 Uhr

Zitate von Menschen im Film Human:

"Es ist schrecklich, wenn man sein Leben damit verbringt seine Freiheit aufzugeben."
"Meine größte Angst ist Niemand zu sein, nicht zu wissen was der Sinn ist, ob es eine Bedeutung hat. ... Ich will Teil der Geschichte der Menschheit sein."
"Vielleicht ist der Sinn des Lebens der dass die Botschaft, die man als Kind empfängt im Laufe des Lebens nicht verloren geht."
"Denn um zusammen zu leben muss man sich selbst Lieben... Man muss die Menschen lieben für das was sie tief im Inneren sind."

 

2023-12-14 Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar - 20 Uhr

Der Widerstand gegen den philosophischen Segen erschafft ein unübersehbar skeptisches Wortgebirge:

  • “Zu wenig Bilder mit Menschen.”
  • “Das ist mir zu hoch: keine Sprache, die ich verstehe.”
  • “Intellektuelles Welterklärungsgeschwurbel, nichts Handgreifliches.” etc.

Lassen wir den fliegenden Philosophen Antoine de Saint-Exupéry mit den geflügelten Worten seines kleinen Fuchs darauf antworten: „Hier ist mein Geheimnis. Es ist ganz einfach: Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“ Aber nicht jeder, der ein Herz hat, kann damit sehen, denn das Unsichtbare zeigt sich nur gezähmten Herzen; jenen mit Übungseifer: „Man kennt nur die Dinge, die man zähmt“, wird der kleine Prinz belehrt. Philosophie ist ein Weg, auf dem das Herz gezähmt und der Verstand geschärft wird. Entlang des Weges wird das abstrakte Unsichtbare allmählich sichtbar.

Zitate:

So schreibt Hölderlin in einem seiner Frankfurter Aphorismen von 1797, ...dass ohne Verstand und ohne durch und durch organisiertes Gefühl in der Poesie kein Leben sei: »Das ist ewige Heiterkeit, ist Gottesfreude, dass man alles Einzelne in die Stelle des Ganzen setzt, wohin es gehört; deswegen ohne Verstand, oder ohne ein durch und durch organisiertes Gefühl keine Vortrefflichkeit, kein Leben.«
Violetta L. Waibel (2012). Affektenlehre und amor Dei intellectualis.

Dieser Erkenntnisapparat, der insofern hypertrophiert ist, als er in seinen Fähigkeiten weit über die aktuellen Erfordernisse des Überlebens hinausgeht, macht es dem Menschen möglich, sich beliebig weit von der sinnlichen Erfahrung und Alltagslogik zu entfernen und völlig abstrakte Welten zu ersinnen oder Kunstwerke jenseits der alltäglichen Sinneserfahrung zu erschaffen.
Gerhard Roth (2021). Über den Menschen.

 

2023-12-07 Zaubersprüche und magisches Denken - 20 Uhr

Diese Räucherstäbchen des Geistes sind wieder “trendy”, obwohl sie aus vormodernen Zeiten stammen. Das magische Sprach- und Denkverständnis beruht auf dem Glauben, dass Worte oder Gedanken ihre Wirkung unabhängig vom Kontext entfalten. Man muss sich nicht mehr die Mühe machen etwas zu verstehen, denn magische Kräfte können - wie der Joker in einem Kartenspiel - nach Belieben ihre Farben, Kategorien und Werte jederzeit und in unterschiedliche Richtungen verändern, um damit jede Ordnung und sogar komplexe Systeme auf den Kopf zu stellen. Vergeblich schürft die Wissenschaft in mühseligen Prozeduren nach Zusammenhängen, wenn der irrwitzige Aberglaube die Welt wieder in ein Abenteuerland verwandelt und sich zugleich immun gegen kritische Fragen nach Kontext und Zusammenhang macht. Wie viele den verführerischen und kunstvollen Wort- und Denkgirlanden folgen, kann man in den sozialen Medien einsehen, anhand der Reaktionen auf den Klimawandel erahnen und bald am Wahlergebnis der Nationalratswahl ablesen.

Zitate:

Ideologien und Erlösungstheorien sind intellektuelle Waffen im Ideenkampf, und wie jede Waffe wirken sie destruktiv. Im Alltag wissen alle, dass es keine totale Gesundheit, keine totale Sicherheit und keine totale Gerechtigkeit geben kann. Wer dennoch solche Versprechungen macht, betreibt "Magie". Aber augenscheinlich wurde diese immer wieder nachgefragt.
Stefan Selke (2022). Wunschland.

Ich erwähne die talmudische Erzählung Choni ha Ma'agal, dem Zirkelzeichner, der nach 70 Jahren eines magischen Schlafes erwacht, niemanden, den er gekannt hatte, mehr vorfand, und in Verzweiflung starb. Auf ihn wurde das Wort gesagt: "O chavrutá o mitutá - entweder Gemeinschaft (Freundschaft, Zugehörigkeit) oder Tod"
Leo Wurmser (2005). Demütigung, Rache und Verzeihung, Referat bei den 55. Lindauer Therapiewochen.

 

2023-11-30 Ableitungen des Unerträglichen - 20 Uhr

Man sagt: Wir ertragen das Reale nicht. Der unvermittelt aufleuchtende Glanz der Wirklichkeit würde uns zerstören. Erzählungen, Geschichten und Mythen helfen den Menschen, ihr Gefühl der Ohnmacht gegenüber der Wirklichkeit zu verarbeiten. Kultur entsteht nie direkt aus der unmittelbar gegebenen Wirklichkeit, sondern über Umwege. Das Schöne wäre demnach Produkt eines Versteckspiels, das beginnt nachdem man von der Wirklichkeit berührt wurde.
Spielen wir doch am Donnerstagabend gemeinsam mit dieser These und sprechen über das, was in unserem Leben durch Ausweichbewegungen entstanden ist. 

Zitate:

Der Kulturphilosoph Hans Blumenberg hat aber gesagt: Kultur entsteht beim Gehen von Umwegen. Erst das Irritierende und Unvorhergesehene lässt uns mit der Welt in Verbindung treten.
Hartmut Rosa in einem Interview im "Der Standard" vom 6.12.2021

„Lieber irgend Etwas thun, als Nichts“ — auch dieser Grundsatz ist eine Schnur, um aller Bildung und allem höheren Geschmack den Garaus zu machen. Und so wie sichtlich alle Formen an dieser Hast der Arbeitenden zu Grunde gehen: so geht auch das Gefühl für die Form selber, das Ohr und Auge für die Melodie der Bewegungen zu Grunde. Der Beweis dafür liegt in der jetzt überall geforderten plumpen Deutlichkeit, in allen den Lagen, wo der Mensch einmal redlich mit Menschen sein will, im Verkehre mit Freunden, Frauen, Verwandten, Kindern, Lehrern, Schülern, Führern und Fürsten, — man hat keine Zeit und keine Kraft mehr für die Ceremonien, für die Verbindlichkeit mit Umwegen, für allen Esprit der Unterhaltung und überhaupt für alles Otium.
Friedrich Nietzsche (1887). Die fröhliche Wissenschaft.

 

2023-11-23 Reduktion der Urteilskraft - 20 Uhr

Wer die Beschäftigung mit der Frage “Was soll das Ganze?” aufgegeben hat, nahm entweder Zuflucht zu einer kleinen Wahrheit, die er stolz vor sich her trägt, als wäre sie das Größte, das je jemand finden konnte. Oder er treibt im Meinungsmeer der Vielen und lässt sich von den Meinungswellen hin und her schaukeln. Die modernste Möglichkeit der Frage auszuweichen ist der Kopfsprung in das schillernde Außen und die Reduktion der Urteilskraft durch eine tausendfach gesplitterte Weltsicht. Einem falsch verstandenen Pluralismus entgleitet die Hoffnung einen Zusammenhang der Ideen zu finden und er wirkt wie eine Nebelkerze, die man mitten im Körper zündet und deren Rauch den Verstand vernebelt und die Willenskraft lähmt.
In allen drei Fällen sucht man den Namen der Dinge nicht mehr, um die Welt auf den Punkt zu bringen. Wenn die Wahrheit nicht mehr salonfähig ist, wartet sie unscheinbar und geduldig im Vorzimmer, bis den im Salon versammelten Lastenträgern ihre Last zu schwer wird. 

Zitate:

Durch Zweifelsucht kann unser ganzes Dasein zerstört und für immer zum Trümmerhaufen werden.
Epikur (341-271 v. Chr.). Aphorismen

Das Umgängliche [und die Kultur] entsteht durch unser notwendiges Umgehen des Unumgänglichen. Dieses Umgehen als Ausweichen vor dem Überschweren, ist die Grundanstrengung, um die alle Subjektivitäten sich gruppieren. Subjektivität kann nur gelebt werden als die zu sich selbst verurteilte Anstrengung, sich im Erträglichen zu halten. ... und wenn ihr das Angestrengte verlorenginge, so wäre sie keine Subjektivität mehr, sondern All-Einheit im entschwerten Bewusstsein. Darum ist reine Theorie der letzte Luxus - eine Sache für Selbstmörder und Dandys. Nur ihnen steht der Zugang offen zum Mysterium der Frivolität - zur Erleichterung des Lebens bis zur Vernichtung der Gewichte.
Peter Sloterdijk (2016/1989). Eurotaoismus. Zur Kritik der politischen Kinetik.

 

2023-11-16 Philosophischer Salon Logos um 19:30 Uhr: Europäischer Daoismus - Hartmut Rosa: Resonanz, Entfremdung und Unverfügbarkeit (Teil 3)

 

2023-11-09 Enttäuschung - 20 Uhr

Wer sich über das Gefühl der Enttäuschung beklagt, sollte vielleicht ein zweites Mal über den empfundenen Schmerz nachdenken. In Wirklichkeit ist die Enttäuschung ein Arzt des Geistes und befreit uns von falschen oder verworrenen Ideen. Und wer möchte denn im Laufe des Lebens nicht ein wenig hellsichtiger werden? Vielleicht jene, die den Glauben an eine heilsame Wahrheit längst aufgegeben haben und steuerlos, in leerer und fröhlicher Fahrt vor sich hin leben?

Zitate:

Wenn jemand nicht weiß und weiß, dass er nicht weiß,
Bringt er sich hinkend mit Krücken zum Ziel.
Ibn Yamin (persischer Dichter aus dem 13. Jh.)

Denn jeder, der eine wahre Idee hat, weiß, dass eine wahre Idee die höchste Gewissheit in sich schließt. Eine wahre Idee haben heißt auch nichts anderes als: ein Ding vollständig und bestens erkennen. Dies kann sicherlich niemand bezweifeln; es müsste denn sein, dass er glaubt, eine Idee sei etwas Stummes, wie ein Gemälde auf der Tafel, und nicht eine Form des Denkens, also das Erkennen selbst.
Baruch de Spinoza (2017/1677). Ethik.

 

2023-11-02 Langeweile - 20 Uhr

Tonio Schachinger, der frisch gekürte 31 jährige Österreicher, der heuer den Deutschen Buchpreis bekam, macht klar, dass die Games die neuen Filme und Serien sind: “Sie lenken einen besser ab als alles andere, was es gibt”. Man kann damit den Tag verleben, ohne dass man merkt, wie die Zeit vergeht. 

Zitate:

Für den Denker und für alle erfindsamen Geister ist Langeweile jene unangenehme „Windstille“ der Seele, welche der glücklichen Fahrt und den lustigen Winden vorangeht; er muss sie ertragen, muss ihre Wirkung bei sich abwarten: — das gerade ist es, was die geringeren Naturen durchaus nicht von sich erlangen können! Langeweile auf jede Weise von sich scheuchen ist gemein: wie arbeiten ohne Lust gemein ist.    
Friedrich Nietzsche (1887). Die fröhliche Wissenschaft. § 42.

Das Nomadenleben, welches die unterste Stufe der Zivilisation bezeichnet, findet sich auf der höchsten im allgemein gewordenen Touristenleben wieder ein. Das erste ward von der Not, das zweite von der Langeweile herbeigeführt.
Arthur Schopenhauer (aus dem Nachlass)

 

2023-10-19 Philosophischer Salon Logos um 19:30 Uhr: Europäischer Daoismus - Hartmut Rosa: Resonanz, Entfremdung und Unverfügbarkeit (Teil 2)

 

2023-10-12 Das Problem der Individualität - 20 Uhr

Alle fühlenden und handlungsfähigen Wesen tragen ein individuelles Kostüm. Sie sind dem blinden Willen zum Leben ausgeliefert und er diktiert ihrem Intellekt das, worüber er sich sorgen soll: überleben, nicht hungern, sich fortpflanzen, die Nachkommen aufziehen und etwas darstellen, das andere bewundern. Nur sehr selten gelingt es dem Intellekt, seine Leuchtkraft auf die Frage nach dem Wesen dieses Willens zum Leben zu richten. Die schmale sorgenfreie Zeit füllen wir lieber mit angenehmen Ablenkungen (etwa mit Netflix, Facebook oder Call of Duty), statt der Frage nachzugehen, was am Ende des Lebens von der mühsam zusammengeflickten Individualität übrig bleibt. 

Zitate:

Soweit ich sehe, haben diese Leute nur die Arme und Beine aus dem Getümmel gezogen; ihre Seele und ihr ganzes Streben sind mehr als je darin verwickelt.
Michel de Montaigne (2005/1580). Die Essais.

Was kümmert der Verlust dieser Individualität mich, der ich die Möglichkeit zahlloser Individualitäten in mir trage? ... Ja, schon die starre Unveränderlichkeit und wesentliche Beschränkung jeder Individualität, als solcher, müsste, bei einer endlosen Fortdauer derselben, endlich, durch ihre Monotonie, einen so großen Überdruss erzeugen ... Denn im Grunde ist doch jede Individualität nur ein spezieller Irrtum ... Dies findet seine Bestätigung auch darin, dass die allermeisten, ja, eigentlich alle Menschen so beschaffen sind, dass sie nicht glücklich sein könnten, in welche Welt sie auch immer versetzt werden möchten. ... Zu einem glückseligen Zustande des Menschen wäre also keineswegs hinreichend, dass man ihn in eine "bessere Welt" versetzte, sondern auch noch erfordert, dass mit ihm selbst eine Grundveränderung vorginge, also dass er nicht mehr wäre was er ist, und dagegen würde, was er nicht ist. Dazu aber müsste er zuvorderst aufhören zu sein, was er ist.
Arthur Schopenhauer
(2009/1859). Die Welt als Wille und Vorstellung.

 

2023-10-05 Musik als geheime metaphysische Übung des Geistes - 20 Uhr

Die Donnerstagsgesellschaft steigt diesmal ein Stockwerk höher und gesellt sich zu einem Jazzkonzert von ELMO NERO, der Band meines Nachbarn Christoph Helm, um Arthur Schopenhauers Musiktheorie zu studieren, für den die vier Stimmen der Harmonie, als Baß, Tenor, Alt und Sopran, den vier Abstufungen des Weltwillens entsprechen: dem Anorganischen, dem Pflanzenreich, der Tierwelt und dem Menschen.

Zitate:

„Ich erkenne in den tiefsten Tönen der Harmonie, im Grundbaß, die niedrigsten Stufen der Objektivation des Willens wieder, die unorganische Natur, die Masse des Planeten. ... die höher liegenden repräsentieren mir die Pflanzen- und die Thierwelt. … Endlich in der Melodie, in der hohen, singenden, das Ganze leitenden und mit ungebundener Willkür in ununterbrochenem, bedeutungsvollem Zusammenhange eines Gedankens von Anfang bis zum Ende fortschreitenden, ein Ganzes darstellenden Hauptstimme, erkenne ich die höchste Stufe der Objektivation des Willens wieder, das besonnene Leben und Streben des Menschen.
Arthur Schopenhauer (2009/1859). Die Welt als Wille und Vorstellung.

Denn die Musik ist ... darin von allen anderen Künsten verschieden, dass sie nicht Abbild der Erscheinung, ... der Objektität des Willens, sondern unmittelbar ein Abbild des Willens selbst ist und also zu allem Physischen der Welt das Metaphysische, zu aller Erscheinung, das Ding an sich darstellt. Man könnte demnach die Welt ebenso verkörperte Musik, als verkörperten Willen nennen.
Arthur Schopenhauer (2009/1859). Die Welt als Wille und Vorstellung.

 

2023-09-28 Was soll das Ganze? - 20 Uhr

Der Geist ist der Überbau des Leibes und separiert Selbst und Welt. Er hinkt doppelt; einmal durch die Begrenzungen der Wahrnehmung seines Leibes und noch einmal durch sein primäres Werkzeug: die Sprache. Unter diesen Bedingungen der Fliege den Ausweg aus dem Fliegenglas zu zeigen, ist keine Kleinigkeit. Geist und Leib brauchen daher mehrere Samadhi-Erfahrungen (reiner Bewusstseinszustand; ohne diskursives Denken und inneres Geschwätz). Nur das unmittelbare Erleben erzeugt Gravuren in Leib und Geist, die uns mutiger werden lassen, um in den unheimlichen Fluss des Lebens zu springen. Dort, wo es keine mediale Vermittlung mehr gibt, wo die letzten Flecken der Trennung zwischen Subjekt und Objekt abgewaschen werden. Bis dieser Kopfübersprung möglich wird, haben sich einige falsche Gravuren eingeschrieben, die uns hinken lassen und krumm machen. Doch; wenn jemand nicht weiß und weiß, dass er nicht weiß, bringt er sich hinkend mit Krücken zum Ziel. Falsch verstandene Gravuren als falsch aufzufassen und gleichzeitig daran glauben, dass eine richtige Auffassung existiert und erfahrbar ist, führt uns hinkend zur ewigen Frage: Was soll das Ganze?

Zitate:

In der Lust haben wir uns ganz verloren, weil wir ganz bei uns sind und nicht an etwas anderes, schon gar nicht an die Zukunft denken. In der Lust sind wir reine Unmittelbarkeit.
Konrad Paul Liessmann, (2021). Alle Lust will Ewigkeit.

Nur einmal werden wir geboren, ein zweites Mal ist nicht möglich, und wir müssen dann eine ganze Ewigkeit nicht mehr sein. Trotzdem schiebst du den rechten Augenblick immer wieder hinaus und bist doch nicht einmal Herr über den morgigen Tag. Überm Zaudern schwindet aber das Leben dahin und so manche sterben, ohne sich im Leben jemals recht Zeit genommen zu haben.
Epikur (1973). Philosophie der Freude.

 

2023-09-21 Philosophischer Salon Logos um 19:30 Uhr: Europäischer Daoismus - Hartmut Rosa: Resonanz, Entfremdung und Unverfügbarkeit (Teil 1)

 

2023-09-14 Verlernen lernen kann dem Leben dienen - 20 Uhr

Den meisten ist einsichtig, dass wir im Fluss des Lebens beständig üben und lernen müssen. Wir lernen, wie man Busenmilch trinkt und später mit Messer und Gabel zu essen. Wir lernen aufrecht auf zwei Beinen zu gehen, wir erlernen eine Sprache. Neben diesen basalen, eher leiblich orientierten Übungsprogrammen, die wir besser so lange als möglich nicht verlernen sollten, lernen wir eine bunte Palette an Regeln kennen; üben Vorstellungen und Anschauungen ein, die nur für ganz bestimmte Rollen oder Perspektiven nützlich sind. Strukturen können uns Halt geben, sie können uns aber auch fesseln und behindern. Wissen, was zu tun ist, das Dringliche von Heute von dem des Gestrigen unterscheiden können, heißt auch etwas zu gegebener Zeit verlernen zu können, damit die Beweglichkeit des Lebens erhalten bleibt. Vielleicht bekommt das Verlernen energieintensiver Handlungsmuster in Zeiten des Klimawandels sogar die Bedeutung, das Leben zu ermöglichen.

Zitate:

Der Wert einer Schockbehandlung liegt darin, dass sie alle Strukturen zerstört, sowohl die kulturellen als auch die privaten, und den Patienten vorübergehend einem dynamischen Zustand überliefert.
Robert M. Pirsig (1992). Lilia oder ein Versuch über Moral.

Man kann ... nicht nicht üben und nicht nicht lernen zu leben. Auch ein schlechter Schüler zu sein will gelernt werden.
Peter Sloterdijk (2009). Du musst dein Leben ändern. Über Anthropotechnik

 

2023-09-07 Ist die Wahrheit, ein unendlicher strukturloser Raum? - 20 Uhr

Wenn die Wahrheit ein unendlicher strukturloser Raum ist, dann kann man ihn ewig ohne ein bestimmtes Ziel durchwandern. Und dann gilt die "anything goes" These; jede Route ist möglich. Wenn der Raum der Wahrheit aber erst durch Beziehungen und Verknüpfungen Form und Struktur annimmt und nicht bloß gleißendes schattenloses Licht ist, dann sind die Routen nicht völlig beliebig, sondern der Wanderer muss die sich kontinuierlich ergebenden Beziehungen auf seiner Route beachten. Ansonsten löst er sich im schattenlosen Licht auf und wird unkenntlich für andere.

Zitate:

Fast könnte man sagen, dass vom Tempo, der Geduld und Ausdauer des Verweilens beim Einzelnen, Wahrheit selber abhängt.
Theodor W. Adorno (1951). Minimia Moralia.

[Sinnkrisen sind] kein pathologisches, einer Behandlung bedürfendes Symptom, [sondern] ein Zeichen von unbeschädigter Wahrheitsbereitschaft, um nicht geradezu zu sagen: ein Zeichen von Gesundheit.
Günther Anders (1980). Die Antiquiertheit des Menschen.

 

2023-06-29 Sommerfest der Philosophischen Praxis - ab 19:30 Uhr

Die Philosophische Praxis begleitet den einzelnen Menschen mit seinen existenziellen Fragestellungen. Eine lebendige Philosophie versucht sich an der graduellen Befreiung des Lebens von Zwängen und ihrer Stresssymptomatik, die häufig auf Ungereimtheiten im Denken über mich und der Welt basieren.
Die Philosophische Praxis organisiert aber auch Veranstaltungen, bei denen versucht wird der Lebenswelt, dem Sinn, den Dingen und Handlungen einen neuen Zuschnitt zu verpassen.
Am Donnerstag, den 29. Juni ab 19:30 Uhr wollen wir vordergründig im Freien, bei kühlen Getränken und heißem Grillgut, zusammensitzen und in einen lockeren Plauderton kommen – und vielleicht ergibt sich auch die Gelegenheit zum Jahresrückblick; auf die Themen der philosophischen Spaziergänge, des Salon Logos oder der Donnerstagsgesellschaft.

 

2023-06-22 Aufgespeicherte und aufgehäufte Potenz - 20 Uhr

Beladen wir uns mit Zeugs, von dem wir glauben, dass wir es später unbedingt brauchen, werden wir belastet. Wir können uns aber auch mit Wissen beladen und uns zuschanden lesen, wie Nietzsche feststellte. Ein Zuviel an abgespeicherter, aber ungenutzter Potenz, die "für später" gerafft wurde, kann uns belästigen und eher zur Last fallen, als dass sie uns hilft. Wir sind doch eigentlich Vorüberziehende, Nomaden ohne fixe Behausung, die von Herberge zu Herberge wandern. Mit dem ganzen Kram und Zeugs werden wir in etwaige Notunterkünfte entweder nicht eingelassen, oder wir übersehen sie, weil unser Blick aufgrund des Ballasts ständig gesenkt ist. Bei jedem Umzug werden wir uns der viel zu vielen Dinge gewahr. Abgeschnitten von allen Speichermedien, steht uns in der Not nur jenes Wissen und jene Dinge zur Verfügung, die wir im und am Körper haben - nur jenes Wissen, das inkarniert wurde. Lassen wir uns daher besser auch auf die Regionalität unseres Körpers ein, statt in Sorge allerlei aufzuhäufen und anzuschaffen. Das bedeutet auch, dass wir versuchen sollten Sorgen - eine Form negativer Potenz - abzuwehren oder zu reduzieren. Das ist keine leichte Aufgabe. Die Praktische Philosophie unterstützt Menschen, die das ernsthaft versuchen wollen.

Zitate:

Aufzuhäufen und aufzufüllen ist nicht so gut wie aufzuhören.
Laotse. Tao Te King (53)

Das Genügen des Wissens, wann es genug ist, ist stetes Genügen.
Laotse. Tao Te King (9)

 

2023-06-15 Philosophischer Salon Logos um 19:30 Uhr: Baruch de Spinoza - Gewährsmann für ein gelungenes Leben (Teil 3)

 

2023-06-08 Die Vibrationen der Philosophie um 20 Uhr

Im "Dialog" mit ChatGPT: Wie macht man tauben Menschen das Tanzen schmackhaft? -
"Als AI-Assistent kann ich sagen, dass es für taube Menschen möglich ist, das Tanzen zu genießen, indem sie die Musik durch Vibrationen spüren."
Welche Vibrationen erzeugt die Philosophie? -
"Als AI-Assistent kann ich sagen, dass Philosophie keine physischen Vibrationen erzeugt, sondern eher eine intellektuelle und emotionale Wirkung auf den Geist und das Denken hat. Philosophie kann dazu beitragen, unser Verständnis von uns selbst, der Welt und unseren Beziehungen zu anderen zu erweitern und zu vertiefen. Sie kann uns helfen, unsere Überzeugungen und Werte zu hinterfragen und zu reflektieren, was uns zu einem tieferen Verständnis und einer größeren Klarheit führen kann. In diesem Sinne kann Philosophie als eine Art geistige Vibration betrachtet werden, die unser Denken und unsere Wahrnehmung beeinflusst."

Zitate:

Philosophie ist so schön! … Es ist die erstaunliche Weise, die das Gesamte im Blick hat, es aber nie erreicht. Denn es geht nicht darum es zu erreichen, sondern es zu lieben. Philosophie, das bedeutet Liebe.
Bruno Latour (2022). Interview auf ARTE 05/2022.

Denn um für seine seelische Gesundheit etwas zu tun, ist keiner zu jung oder zu alt, und wer etwa meint für ihn sei es zum Philosophieren noch zu früh oder schon zu spät, der könnt ebenso gut behaupten, der richtige Augenblick für seine Glückseligkeit sei noch nicht da oder schon vorbei.
Epikur (1973). Philosophie der Freude.

 

2023-06-01 Die Scheu vor Komplexität um 20 Uhr

Unser Lebensfaden webt am komplexen Muster der Welt mit. Lebendige und praktische Philosophie ist der Versuch das eigene Webschiffchen etwas bewusster zu führen, um der Welt eine Verzierung hinzuzufügen - das ist schwer, sollte uns aber nicht "zu heavy" erscheinen und die Donnerstagsgesellschaft vergällen.

Zitate:

§415 Du denkst, du musst doch einen Stoff weben: weil du vor einem - wenngleich leeren - Webstuhl sitzt und die Bewegungen des Webens machst.
Ludwig Wittgenstein (2020/1953). Philosophische Untersuchungen.

Der Produktions- und Reproduktionsmodus des Körpers ist daher affektiv, so wie sich der Geist seinen Zusammenhang durch das Netzwerk der Ideen, aus denen er besteht, fortlaufend neu erzeugt.
Friedrich Balke (1994). Spinoza. Versuch über die Anstößigkeit seines Denkens.

 

2023-05-25 Warum die Donnerstagsgesellschaft hilfreich ist um 20 Uhr

Sprechen ist eine Handlung, die das Gehirn, konkret das limbische System, stimuliert. Wir verarbeiten in Gesprächen das Erlebte und begleitende Emotionen. Wenn wir denkend ins Gespräch kommen, transformieren wir körperliche Erregung beziehungsweise Stress in kognitive (gedankliche) Repräsentationen, denn der Geist (die Noosphäre) ist auf Sprache aufgebaut. Der Geist ist zur Abstraktion fähig. Das Nachdenken kann imaginäre Welten erschaffen, die dabei helfen, das Erlebte zu verarbeiten. Die Donnerstagsgesellschaft stärkt das geistige Immunsystem.

Zitate:

Worum es in einem gelingenden, gewinnbringenden Gespräch unter Freunden doch vielmehr geht, ist ein Wechselspiel der Perspektiven: ein spannungsvolles Hin- und Herspringen zwischen Einfühlung und Herausforderung, zwischen Du- und Ich-Perspektive. (...) Es ist diese Dynamik, die letztlich auch jedes professionelle therapeutische Gespräch antreibt.
Svenja Flaßpöhler (2021). Sensibel. Über moderne Empfindlichkeit und die Grenzen des Zumutbaren.

Zunächst würde sich Sokrates nicht darauf einlassen, dass Sorgen, die die Menschen haben, ein psychiatrisches Thema sind. Das würde Sokrates kategorisch bestreiten. Der würde sagen: Wer deprimiert ist, der fühlt das Gewicht der Welt. Und das ist eine Erkenntnis-Beziehung. Das hat etwas mit Wahrheit zu tun. (...) krumm und krank zu werden von diesem Gewicht, (...) ist in erster Linie ein Verstehens-Problem. (..) Der sokratische Ansatz wäre zunächst einfach der zu sagen, schwere Erlebnisse können auch Schwangerschaften sein. (...) Deswegen hat sich Sokrates ja selbst als männliche Hebamme charakterisiert. (...) In Wahrheit war Sokrates eben Geburtshelfer für Menschen, die keine Besonnenheitsleichen werden sollten. Er hat sie gerade von diesem sophistischen Viel-zu-viel im Kopf-Tragen entbunden und hat ihnen gezeigt, dass sie dazu von ihren Meinungen, mit denen sie es sich leicht zu machen versuchten, und von ihren Vorurteilen loskommen müssen.
Peter Sloterdijk (1988). Agora Heft 4.

 

2023-05-18 Philosophischer Salon Logos um 19:30 Uhr: Baruch de Spinoza - Gewährsmann für ein gelungenes Leben (Teil 2)

 

2023-05-11 Aufmerksamkeit ist ein Lebensmittel um 20 Uhr

Menschen sterben, wenn sie nicht gesehen werden. Gesehen werden, entdeckt werden, heißt respektiert werden. Liebe ist die potenzierte Form der Aufmerksamkeit; das schönste, gefährlichste und natürlichste Feuer, das wir zur Verfügung haben und an dem wir uns wärmen, aber auch verbrennen können.

Zitate:

Aufmerksamkeit ist das natürliche Gebet der Seele.
Nicolas Malebranche

For the moment, what we attend to is reality - Worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten, das ist in diesem Moment unsere Wirklichkeit.
William James (1890/1958). Prinicples of Psychology.

 

2023-05-04 Der Geschmack von Dosenbrot um 20 Uhr

Es gibt keine Pflicht, sich mit Fragen nach dem guten Leben herumzuschlagen. Fühlt man sich wohl, so ist schweigender Genuss sakrosankt. Wurde jedoch die Büchse der Pandora geöffnet und entweichen triste Gedanken und Übellaunigkeit, führt Schweigen kaum zur Verbesserung. Ein klein wenig Linderung bringt die Kenntnis, dass Andere ähnliche existentielle Fragen quälen. Noch mehr Potential hat eine gemeinsame Suchbewegung im Modus des Gesprächs. Und schließlich kommt man nicht umhin, das zu probieren, was Andere zur Überwindung dieses schwierigen Problems benutzt haben.

Zitate:

Utopiemüdigkeit ist der vollkommene Verlust des Grundvertrauens in die Veränderbarkeit der herrschenden Zustände, eine Art Selbstbestrafung durch Selbstbeschränkung, ein eingegrabenes Denken, das keine Veränderung zulässt.
Selke, Stefan (2022). Wunschland. Von irdischen Utopien zu Weltraumkolonien

Doch ebenso, wie eine liberale Gesellschaft beliebig viele Entwürfe des guten Lebens zulässt, bietet sie keinem davon eine gastfreundliche Umwelt. ... Nicht das gute Leben, sondern das Leben selbst - sein Genuss, seine Bequemlichkeit und seine Verlängerung - ist zu unserem alles andere beherrschenden Ziel geworden.
Robert und Edward Skidelsky (2013). Wie viel ist genug? Vom Wachstumswahn zu einer Ökonomie des guten Lebens.

 

2023-04-27 ChatGPT: Taugt ein Maschinenleben zum wohlgefälligen Leben? um 20 Uhr

Es ist ein kulinarischer Unterschied, ob ich meine Gedanken zum Leben erwecke; sie aufschreibe (und das Textgespenst danach wieder schlafen lege), oder ob ich mir nur jene von ChatGPT einverleibe und zur Maschine werde. Auch wenn die Maschine angeblich die globale textliche Vernünftigkeit repräsentiert, ist das maschinelle second Life doch kein erstes Leben, das sich am Eigenen verbraucht, sodass am Ende Genugtuung entstehen kann und ich mich - getröstet durch ein gelebtes Leben - in den ewigen Schlaf begeben möchte.

Zitate:

... eine Maschine zu bauen, die Subjektivität respektive Bewusstseinsfunktionen leistet. Wohlgemerkt: leistet, und nicht eine, die Bewusstseinsfunktionen hat! Eine Maschine, die Bewusstsein hat, ist eine contradictio in adjecto [ein Widerspruch in sich]. Das gilt nicht nur für die klassische Tradition unseres Denkens, sondern auch für alle künftige transklassische Maschinentheorie.
Gotthard Günther (1980). Maschine, Seele und Weltgeschichte.

Glück ist, wie Aristoteles sagt, das Zeichen der Fähigkeiten. Und diese Regel gilt, wie ich glaube, für alle. Es gibt nichts Schrecklicheres auf der Welt als den Menschen, der sich langweilt. Alle Menschen, die man böse nennt, sind in diesem Punkt unzufrieden mit sich; sie sind nicht unzufrieden, weil sie böse sind, sondern weil die Langeweile, die sie überallhin verfolgt, das Zeichen dafür ist, dass sie nicht die ihnen erreichbare Vollkommenheit entwickeln und dementsprechend in der Art blinder mechanischer Ursachen handeln.
Émile-Auguste Chartier (alias Alain) (2020). Die Pflicht glücklich zu sein.

 

2023-04-20 Philosophischer Salon Logos um 19:30 Uhr: Baruch de Spinoza - Gewährsmann für ein gelungenes Leben (Teil 1)

 

2023-04-13 Das gute Leben, das ewig wiederkehren kann um 20 Uhr

Ostern ist für heuer vorbei, aber es wird wiederkehren. Was seltener wiederkehrt, ist die Diskussion über das gute Leben. Ostern erinnert uns daran, dass wir nach christlichem Verständnis eine Aussicht auf ein ewiges Leben haben. Wir könnten uns Gedanken über die Lebensgestaltung im Ewigen machen. Wir könnten Nietzsches Éwigen-Wiederkehr-Test absolvieren, der darin besteht, sich vorzustellen, dass wir unser bisheriges Leben noch einmal und immer wieder von neuem auf die gleiche Art und Weise leben müssen - bis in alle Ewigkeit. Wir könnten auch bei der Donnerstagsgesellschaft darüber ins Gespräch kommen, welche Vorstellungen wir vom guten Leben haben.

Zitate:

Welchen Wert hat denn mein Leben, wenn ich nicht will, dass es sich wiederholt?
Liessmann, Konrad Paul (2021). Alle Lust will Ewigkeit. Wien.

Der Grundsatz, dass die Gesellschaft allein für das Wohlergehen und die Freiheit der Individuen besteht, die sie bilden, stimmt auch nicht mit dem Vorhaben der Natur überein, wonach allein die Art in Betracht gezogen und das Individuum geopfert wird. Es ist sehr zu befürchten, dass das letzte Ergebnis der so verstandenen Demokratie einen gesellschaftlichen Zustand darstellen würde, in dem eine verkommene Masse keine anderen Besorgnisse hat, als dem Genuß und dem Vergnügen des unedlen Durchschnittsmenschen zu frönen.
Ernest Renan (1877). Dialogues et fragments philosophiques.

 

2023-03-30 Die Erderwärmung und der kühle Keller der Schwermut um 20 Uhr

Werden wir nur mehr affiziert, ohne selbst wiederum andere affizieren zu können, entsteht das Gefühl von Hilflosigkeit - die Schnellstraße zur Depression. Das ist eine akute Gefahr für jene, die vom Szenario des Klimawandels erregt werden. Wenn man nicht weiß was zu tun ist, taucht man lieber unter und entgeht so dem Gefühl der Ratlosigkeit oder dem Affekt der ohnmächtigen Wut. Andererseits entstehen gediegenere Spiel- und Gestaltungsräume durch Bildung, selten durch Totstellreflexe oder Wutausbrüche. Vordergründig ist hier praktisches Wissen, aber ohne theoretisches Wissen, also die Möglichkeit der Erkenntnis von subtilen Zusammenhängen, sinkt die Effektivität der Handlung. Dann verhalten wir uns womöglich unpassend, weil das erlernte Handlungsskript nicht zur konkreten Situation passt und andere verstört, oder die Handlungen werden mechanisch, weil wir das bereits Erlernte stupid anwenden. Man muss über die konkrete Situation Bescheid wissen, man muss den Kopf aus dem dahinplätschernden Bewusstseinsstrom heben, um zu erkennen, was gelernt werden soll oder welche Fähigkeit jetzt zur Geltung kommen kann.

Zitate:

Hilflosigkeit: Zustand negativer Erwartungen, die auf der Einsicht oder Überzeugung beruhen, Probleme seien mit den vorhandenen Denk- und Handlungsmöglichkeiten nicht zu lösen.
Werner D. Fröhlich (2000). Wörterbuch Psychologie.

Selbstwirksamkeitserwartung: das Vertrauen in die eigene Handlungsfähigkeit auch unter extremen Belastungen; ein Konstrukt, das die optimistische Einschätzung eigener Handlungsmöglichkeiten angesichts von schwierigen Anforderungssituationen und Handlungsbarrieren betrifft 
Klaus-Helmut Schmidt (2000). Selbstwirksamkeit. In: Spektrum der Wissenschaft – Lexikon der Psychologie.

 

2023-03-23 Virtuosität - der Wille zur Vortrefflichkeit um 20 Uhr

Balance, die Waage halten, bi-lanzieren, aus dem spätlateinischen “bilanx” (bi und lanx - Schale, Schüssel), ist das Vokabular für Seiltänzer, prüfende Dialektiker und rechenschaftspflichtige Kaufleute. Wenn man liegenbleibt und sich nicht rührt, ist die Chance zum Ungleichgewicht fürs Erste gebannt. Weil das Leben jedoch eine Heirat zwischen Ruhe und Bewegung ist und Entwicklung wie Fortpflanzung eine Melange der beiden nötig hat, ist liegenbleiben genauso wenig eine Option wie rastloses herumwirbeln. Das Ziel ist die instabile Stabilität. Sie wirkt umso eleganter, je mehr sie vom Beiläufigen; von Ungereimtheit und Wirbelwind bedrängt wird. Beachtet wird das Wagnis, sich dem Unmöglichen und Chaotischen auszusetzen. Bewundert wird, wer mit einer geschmackvollen Auslese vom Ausflug ins Ungeordnete zurückkehrt, wer die Lesefähigkeit im Auge des Taifuns nicht verliert, wer den Staub abschüttelt, sich aufrichtet und heiter seinen Gleichgewichtssinn demonstriert. Der Frohsinn des Lebens ergibt sich aus der Möglichkeit, der Ernst aus der Notwendigkeit zur Anthologie. 

Zitate:

Das Ziel der Freudschen Therapie [der Psychotherapie insgesamt, mit Ausnahme der transpersonalen Therapie nach Assagioli] ist es, eine gewöhnliche Person zustande zu bringen; das Ziel von Spinozas Ethik ist es, eine ungewöhnliche Person zustande zu bringen, nämlich ein seltenes menschliches Wesen von außerordentlicher innerer Vortrefflichkeit.
Yirmiyahu Yovel (1996). Das Abenteuer der Immanenz

Es spricht Meister Eckhart: Nötiger wäre ein Lebemeister als tausend Lesemeister; aber lesen und leben ohne Gott, dazu kann niemand kommen. Wollte ich einen Meister von der Schrift suchen, den suchte ich in Paris und in den hohen Schulen hoher Wissenschaft. Aber wollte ich nach vollkommenem Leben fragen, davon könnte er mir nichts sagen. Wohin sollte ich dafür gehen? Allzumal nirgends anders als in eine nackte entledigte Natur: die könnte mir kund tun, wonach ich sie in Ehrfurcht fragte.
Meister Eckharts mystische Schriften. (1903) Übertragen von Gustav Landauer

 

2023-03-16 Philosophischer Salon Logos um 19:30 Uhr: Philosophie der Vision - Detoxing für Utopisten und visionslose Menschen (Teil 3)

 

2023-03-09 Welches Übungsprogramm führt zum Erfolg auf der Ebene des geistigen und psychischen? um 20 Uhr

Mindestens die halbe Menschenwelt unterwirft sich Diäten oder Kuren, wo angeblich der Körper bei trockenen Semmeln, die in Milch getunkt werden, oder durch fanatische Vermeidung von Klebereiweiß entschlackt wird. Aber nur ein Bruchteil der Menschen kümmert sich gewissenhaft um die psychischen Schlacken. Die Fastenzeit hört zumeist exklusiv dem Körper zu, der ja dann im Sommer wieder repräsentabel sein soll. Ob die geistige Haltung und psychische Verfassung dem allgemeinen menschlichen Verkehr zuträglich ist, oder welche Auswirkungen Vergiftungen durch Ressentiments in diesen Regionen auf das eigene Leben haben, wird kaum bedacht.

Genauso wie wir als Kinder jede Menge blaue Flecken durch unser körperliches Ungeschick davon trugen, erzeugt Unwissenheit auf dem Gebiet der Menschen- und Weltkenntnis einen Haufen dunkler Flecken in unserem geistigen und psychischen Innenleben. Durch beständige Übung erlangten wir einst die Herrschaft über unseren Körper in seinem unablässigen Spiel mit Schwerkraft und Materie. Aber welches Übungsprogramm führt zum Erfolg auf der subtileren Ebene des geistigen und psychischen?

Zitate:

Wer nicht stirbt, bevor er stirbt, der verdirbt, wenn er stirbt.
Jacob Böhme
(1575-1624), deutscher Mystiker, Philosoph und christlicher Theosoph.

Ich wohne in meinem eignen Haus,
Hab niemandem nie nichts nachgemacht
Und – lachte noch jeden Meister aus,
Der nicht sich selber ausgelacht.
Friedrich Nietzsche, Motto “Die fröhliche Wissenschaft”

 

2023-03-02 Was ist Business? um 20 Uhr

Die schlummernde Dynamik im unbeachteten Unbekannten und Ungedachten ist erstaunlich: Im österreichischen Aktiengesetz ist die Öffentlichkeit als zu berücksichtigender Stakeholder erwähnt. Damit ist das Recht auf Gewinnmaximierung für öffentlich relevante Unternehmen eingeschränkt. Die schwächliche Wirtschaftsethik hat in den Staudämmen der Wirtschaft Risse erzeugt. Nun spritzt dort – zumindest am Strommarkt – ungeduldiges Wasser heraus. Ist das der Anfang vom Ende der legitimierten Gewinnmaximierung der bürgerlichen Gesellschaft, die die Arbeit geheiligt hat? Führt das zu einem Überdenken der Maxime, dass sich durch die Bearbeitung natürlicher Ressourcen ein uneingeschränktes Eigentumsrecht ergibt? Wie kann der Preis oder Wert eines Produkts oder einer Dienstleistung in Zukunft bewertet werden, wenn das Marktgesetz von Angebot und Nachfrage und die Willkür durch Besitz nicht mehr sakrosankt sind? Oh, wir leben in interessanten Zeiten, in denen Perspektiven verrutschen, wie Brillen auf schweißnassen Nasen.

Zitate:

Nur die fortschreitenden Erfahrungen lehren jeden einzelnen, worin für ihn das dauernd Wertvolle besteht. Die Hauptarbeit des Lebens ist nach dieser Seite, durch Illusionen hindurch zu der Erkenntnis dessen zu kommen, was uns wahrhaft wertvoll ist.
Wilhelm Dilthey (2008/1924). Das Wesen der Philosophie.

Denn die Tätigkeit, die moralisch am höchsten zu bewerten ist, besteht darin, einen Raum zu schaffen, in dem das Leben sich frei entfalten kann.
Robert Pirsig (1992) Lila.

Der Wert eines Staats ist auf lange Sicht der Wert der Individuen, die ihn bilden.
Inspiriert durch John Stuart Mill (2020/1859). On Liberty/Über die Freiheit.


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